Eine Reise, die viel verändert hat - Teil 2

Mein Krebs und ich

Annett Noori, Brustkrebs
„Es hat sich viel verändert. Ich habe mich verändert.“

Annett entscheidet sich damals, nicht in Krankenstand zu gehen. Sie will die mehr als anstrengenden Therapien neben ihrer Arbeit „durchziehen“. Denn die Arbeit, hofft sie, soll ihr Ablenkung schenken – und Halt, weil sich alles rundherum so plötzlich verändert hat. Annett spürt, wie der Körper immer schwächer wird: die Nebenwirkungen schlagen zu, der Körper fühlt sich unheimlich krank und energielos an.

Trotzdem wendet die junge Frau viele Kräfte auf, so dass der Alltag für die Kinder gleichbleibt. Auch für die Partnerschaft will sie kämpfen. „Ich habe sogar für meinen kleineren Sohn ein Kostüm genäht und mich bemüht, die Kontakte zu den Eltern der Freunde meiner Kinder weiter zu pflegen. Das war anstrengend, aber es hat mir auch Kraft gegeben.“ Gleichzeitig spricht sie mit den Kindern offen über ihre Erkrankung, versucht alle möglichen Geheimnisse aus dem Raum zu schaffen. Wenn der Vater mit den Kindern auf einen Ausflug fährt, kann sie endlich zwischendurch durchschnaufen. Das braucht sie sehr.

Annetts Leben veränderte sich mit ihrer Krebserkrankung grundlegend. „Das Leben ist nicht mehr so, wie es vor der Krebsdiagnose war. Kann es ja einfach nicht mehr.“ Die Leichtigkeit verschwindet, überall, auch in der Familie und besonders in der Partnerschaft. Annett spürt, dass sie die Krebserkrankung verändert hat. Die Therapie hinterlässt Zeichen, äußere wie innere: „Ich habe mich äußerlich wie innerlich verändert. Ich fühlte mich plötzlich um 10 Jahre gealtert.“ Annett kommt therapiebedingt in die Menopause. Wenn Annett sich in den Spiegel sieht, sieht sie plötzlich ein anderes Ich. „Ich bin gerade in dem Prozess drin, dass ich wieder zu mir selber finde und dass ich anfange, mich viel mehr um mich selbst zu kümmern. Nachdem ich sehr auf das Überleben fixiert war und darauf, dass ich gemeinsam mit meinem Mann die Kinder durchkriege, finde ich langsam wieder zu mir. Ich hoffe, dass das Leben langsam ein bisschen leichter wird.“

Hilfe von der Krebshilfe Wien

Annett nimmt bei der Krebshilfe Wien psychoonkologische Unterstützung in Anspruch – im Rahmen des Programms „Mama/Papa hat Krebs“ erhalten sie und ihr Mann viele Tipps, wie man mit Kindern in so einer  herausfordernderen Situation umzugehen hat und die Kinder gehen selbst zu einer Kinder- und Jugendpsychologin der Krebshilfe Wien.

„Nachdem die Chemo vorbei war, dachten alle, dass alles so wäre wie vorher. Dabei ist nichts vorbei, die Gefühle kommen alle erst im Nachhinein richtig hoch. Erst dann bin ich in ein depressives Loch gefallen. Da hat mich die Krebshilfe Wien rausgeholt. Für die Kinder war die Krebshilfe Wien sehr wichtig. Für uns alle war das wie: einfach wieder in das Leben zurückfinden.“

Für Annett ist die Krebserkrankung ein Ausfechten von verschiedenen Kämpfen: „Das eine ist es, sich durch die verschiedenen strapazierenden Therapien zu kämpfen. Und dann ging es mir darum, mich wieder ins Leben zurück zu kämpfen und mir mein gesundes Leben zurückzuholen: auf körperlicher Ebene den Krebs wegmachen und auf psychischer Ebene zu mir kommen. Letztlich muss man beides wieder zusammenkriegen.“

„Es war eine der schwersten Reisen für mich, meine Familie und Freunde. Ich bin jenen sehr dankbar, die mich durch diese Reise getragen, gestützt, gestärkt und wiederaufgebaut haben. Und jenen, die vor allem jetzt noch immer da sind. Sehr dankbar bin ich auch für die Hilfe der Krebshilfe Wien. Ihr habt mich und meine Familie damals mit eurer Unterstützung einem gesunden Leben ein ganzes Stück nähergebracht.“

 

Annett Noori (Interview November 2023)