Ein Kraftort und viele Kraftquellen

Mein Krebs und ich

Maike Angerer, Brustkrebs

Maike Angerer hat im Juli 2019 die Diagnose Brustkrebs erhalten. Sie hat den Tumor selbst in ihrer Brust ertastet. Hier erinnert sie sich an die Momente ihrer ersten und zweiten Krebsdiagnose und erzählt uns, wie sie bis heute damit umgeht und was ihr in den schwierigsten Zeiten ganz besonders hilft.

Die erste Diagnose

„Ich konnte und wollte es nicht glauben: Mit 41 Jahren – Diagnose Krebs! Alles folgte darauf hin wie im Sauseschritt: ein Jahr bestehend aus Chemotherapie, Amputation, Bestrahlung und Immuntherapie – mitten hinein in den ersten Lockdown. Viel Organisation mit Kindern im Alter von gerade 3 und 6 Jahren. Im März 2022 habe ich erneut einen winzigen Knoten oberhalb des Schlüsselbeines getastet, dem dann wieder mit Operation, Chemo- & Strahlentherapie erfolgreich zu Leibe gerückt wurde. Und seitdem befinde ich mich immer noch in der Behandlung.

Die erste Diagnose hat mich buchstäblich umgehauen. Ich erinnere mich, dass ich mich auf unsere kalten, glatten Fliesen gelegt und darauf gewartet habe, dass mein Mann zu mir nach Hause eilt. Und mich fest in die Arme nimmt. Alles stand still. Und gleichzeitig sind unzählige Gedanken durch mich durchgezischt und haben mich schlichtweg geflutet. Ich wollte gerne ohnmächtig werden. Hat aber nicht geklappt. Ich hatte keine Angst um mich in dem Moment. Ich hatte Angst um meine Kinder und meinen Mann.“

Die zweite Diagnose

„Die zweite Diagnose hat mich aber fast mehr getroffen. Krebs ist einfach so ein Arsch. Da war sehr viel Wut, Verzweiflung und Ohnmacht. Eine wundervolle Schwester hat mit mir gebetet. Sie hat ein Segensgebet für mich und meine Familie gesprochen. Meine Ärzte waren da und haben mit mir auf meinen Mann gewartet und sich sehr viel Zeit für mich genommen.

Meine Psychologin von der Krebshilfe war buchstäblich sofort nach einer Nachricht am Telefon zu erreichen und hat den tiefen Fall und den Gefühlsstrudel abgefangen und abgefedert. Sie hat mir geholfen mich innerlich schnell wieder aufzustellen. Drei Tage später war ich wieder on track: Klar, fokussiert und bereit für die anstehende zweite Chemotherapie. Unglaublich eigentlich rückblickend.“

In guten wie in schweren Tagen

„Was mir damals ganz besonders half? Da denke ich an einige Dinge: Zuerst der unerschütterliche Optimismus und Liebe meines Mannes. Auf einmal hat der Satz ‚in guten wie in schweren Tagen‘ eine ganz andere Bedeutung bekommen. Aber auch unsere Familien und Freunde, die uns in allen nur erdenklichen Situationen unterstützt haben – kommentarlos und selbstverständlich.

Was hat mir noch geholfen? Der Duft in den Haaren meiner Kinder. Ihre Umarmungen, die so verdammt ehrlich und schön sind. Mein absolut megaumwerfendes Ärzteteam. Meiner Therapeutin von der Krebshilfe verdanke ich einen Vorrat an Tools, um mit den Wellen der Angst umzugehen. Das hilft mir immer noch sehr. Gleichzeitig habe ich mich von Personen distanziert, die ich eigentlich noch nie mochte. Ich hatte auf einmal den Mut das auch sehr klar zu formulieren. Und das tat mir sehr gut.“

Orte und Aktivitäten, die Maike besonders viel Kraft geben

„Ich gehe an Kraftorte, die mein Herz öffnen und mich erden. Ein Kraftort ist für mich Altaussee. Ich habe das Glück, dass die Familie meines Mannes von dort kommt. Wald ist auch einfach immer gut. Außerdem habe ich Yoga und Atemübungen für mich entdeckt und sehr liebgewonnen. Vor schwierigen Terminen wie CTs hilft aber fast nix. Ich versuche, im normalen Alltag Struktur und Halt zu finden und mich abzulenken.“

Vieles hat sich sehr geändert

„Ich sage Dinge geradeaus und unverblümter als zuvor. Und ich habe festgestellt, dass ich wesentlich selbstbewusster ‚mein Ding durchziehe‘ als vor der ersten Krebsdiagnose. Vor allem aber schätze ich so viele Dinge so viel mehr als zuvor. Es klingt so abgedroschen, aber ja: genauso so ist es!“