Endlich wieder richtig durchatmen - Teil 2

Mein Krebs und ich

In der Nacht die Dämonen, untertags so alleine

„Mit meiner Therapeutin habe ich viel über die in der Nacht erscheinenden Dämonen gesprochen. Die kommen fieser Weise nicht untertags, wenn man fit ist und sich wehren kann, sondern wenn man schlafen will und schon so extrem müde ist: Es kommen Fragen wie ‚Wie lange lebe ich noch?‘ und ‚Wie wird mein Ende ausschauen?‘. Ich sagte damals immer: Ich würde meinen Dämonen so gerne untertags begegnen, da ist man nicht so wehrlos.

Untertags war es auch nicht einfach: Zwar sind viele Menschen da, aber man fühlt sich trotzdem alleine. Man kommt aus der Haut nicht raus, weil man so zerrissen ist. Die Ängste und Sorgen sind überwältigend. Da kommt man nicht alleine raus. Man braucht Unterstützung wie die Krebshilfe Wien. In der Psychoonkologie erhältst du wertvolle Hilfestellungen.“

Wie geht es Dir heute?

„Heute sitze ich da, in einem Café mit einem französischen Croissant. Mit dem Abstand fühlt es sich unglaublich an, wie als wäre es gar nicht meine eigene Geschichte. Ich kann endlich wieder durchatmen. Es ist es so wichtig, dass man Stützen hat, Menschen und Institutionen wie die Krebshilfe Wien.“

Du sagst, Du hattest Glück – mit deiner Familie, deinen Freunden und auch durch die Unterstützung bei uns. Was hat dir darüber hinaus gefehlt? Was hätte dir geholfen?

„Ich wäre oft so gerne abgehauen und habe mich immerzu so nach dem Meer gesehnt. Ich hätte so gerne so einen ähnlich schönen Platz wie am Meer gefunden, einen anderen Ort als meine Wohnung, außerhalb von Wien. Wo man das Gefühl hat, das ist sowas wie eine Wahlheimat: Und dort immer wieder Zeit verbringen und Zeit haben zum Ankommen und zum Gedanken stricken. Es geht oft um das Setting mitten in diesem Chaos: Wo kann ich mich wieder ordnen? Wo mache ich diese vielen Schubladen der Geschehnisse wieder auf und ordne sie? Ist das wirklich so schlimm, kann ich das nicht ablegen, ist das nicht ohnehin schon geklärt? Es ist oft eine Lawine an Informationen, die man nicht in der Wucht bewältigen kann.“

Wo hattest du zwischendurch Zuflucht?

„Im Kaffeehaus hatte ich meinen Fluchtort, ich habe da gelesen und mich mit Büchern versucht abzulenken. Dieser Macht der Dämonen der Nacht entrinnen... In dieses Café hier bin ich immer nach meinen Blutabnahmen und Behandlungen gegangen, um mich zu belohnen und einen guten Kaffee zu trinken.“

Kannst du Anderen etwas mitgeben, die in einer ähnlichen Situation sind?

„Daran zu glauben, die Hoffnung nicht aufzugeben. Als Segler weiß ich, nach jedem Sturm scheint wieder die Sonne. Und sich Ziele für Dinge zu stecken, die einem Freude machen und Sinn geben – im sozialen Umfeld, im Beruf und auch im Alltag. Ich finde, es ist wichtig, das zu tun, was einem wirklich am Herzen liegt und nichts von dieser kostbaren Lebenszeit mehr zu verschwenden. “