Ein Gespräch zwischen Dr.in Ursula Denison und Eva Kern 

Drei Fragen – ganz persönlich

Dr.in Ursula Denison ist seit kurzem Vorstandspräsidentin der Krebshilfe Wien. Zuvor war sie bereits viele Jahre für die Krebshilfe Wien – zunächst als Konsiliarärztin, später als Mitglied des Vorstands – ehrenamtlich tätig. Hier unterhält sie sich mit Eva Kern, der neuen Geschäftsführerin der Krebshilfe Wien. Drei Fragen – ganz persönlich.
 

Eva Kern: Liebe Ursula, du bist seit kurzem unsere neue Präsidentin. Kannst du uns über die Anfänge der Krebshilfe Wien erzählen – und wie du zur Krebshilfe Wien kamst?

Dr.in Ursula Denison: Nach meinem Medizinstudium war ich an der Universitätsklinik bzw. im AKH an der Abteilung für Allgemeine Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie tätig – und war dort für Studien zuständig. Meine damaligen Lehrer, Univ.-Prof. Dr. Heinrich Salzer und Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda, haben mich in der dortigen Onkologischen Ambulanz eingeführt und haben mir das entsprechende Wissen vermittelt. Im Rahmen meiner Ausbildung bestand in den 1990ern die Möglichkeit, Patientinnen in der Krebshilfe Wien persönlich zu beraten. Das hat mir viel Spaß gemacht, weil man sich hier bewusst mehr Zeit nehmen konnte, um die Patientinnen mit Information und Beratung zu unterstützen. Ich selbst habe immer wieder viel von den Patientinnen gelernt: über ihre Sorgen, über ihre Bedenken, über ihren Umgang mit der Krankheit und vor allem auch wie man diese schwere Diagnose bewältigen kann.

Dr.in Ursula Denison: Eva, du bist seit dem 1. November unsere neue Geschäftsführerin. Erzähl‘ doch mal, was du vorher gemacht hast und was hat dich hierhergebracht hat?

Eva Kern: Ich wollte immer sinnstiftend arbeiten. Das ist sicherlich mein Hauptantrieb! Mein Berufsweg hat mich in viele unterschiedliche Bereiche und Berufe geführt. Von meiner Grundausbildung bin ich sowohl Betriebswirtin als auch Pädagogin; ich habe Internationale Betriebswirtschaft und Primarstufenpädagogik studiert. Berufserfahrung konnte ich in vielen betriebswirtschaftlichen Bereichen sammeln – so war ich Geschäftsführerin einer NGO und habe unterschiedliche Vereine geleitet. Danach war ich als Volksschullehrerin in einer Integrationsklasse. Das war eine sehr schöne, wichtige Erfahrung. Ich hatte die beste Klasse der Welt! All diese Erfahrungen werden mir in meinem neuen Job als Geschäftsführerin der Österreichischen Krebshilfe Wien behilflich sein. À propos, ich bin auch eingetragene Mediatorin und mache die Ausbildung zur Psychotherapeutin – also eine gute Mischung, die hier Sinn ergibt.

Dr.in Ursula Denison: Spannend. Mit all diesen Erfahrungen als auch deinen frischen Blick auf unsere Organisation, hast du bestimmt eine Vision, wie die Krebshilfe Wien sich weiterentwickeln soll? 

Eva Kern: Ich habe viele Ideen! Aber alle kann ich noch nicht verraten. Mir ist es sehr wichtig, dass wir Betroffenen und Angehörigen helfen und ich wünsche mir, dass wir unser Angebot ausweiten können. Das bedeutet: Mehr Angebot, gegebenenfalls an mehr Standorten, um in der Not besser helfen zu können und um wirklich da zu sein! Wir sind ein spendenfinanzierter Verein und stoßen deswegen natürlich auch an unsere Grenzen.  

Dr.in Ursula Denison: Jetzt bist du ja schon ein paar Wochen die neue Geschäftsführung. Erzähl‘ doch mal, wie war eigentlich dein erster Arbeitstag?

Eva Kern: Der erste Arbeitstag war sehr spannend und ich würde sagen kein klassischer erster Arbeitstag. Es war Pink Ribbon Gala und ich hatte somit gleich einen ersten Bühnenauftritt als Geschäftsführerin. Besonders beeindruckt hat mich die Community, die Betroffenen, die so viel Zuversicht haben und die Menschen, die sich für die Krebshilfe engagieren und so viel Herzblut dafür aufbringen. Ich habe schon sehr viele von ihnen kennengelernt und gesehen, wie viel Kraft in der Organisation aufgrund dieser besonderen Menschen steckt!

Eva Kern: Als Oberärztin im Krankenhaus Hietzing warst du immer ganz nah an den gesundheitlichen Bedürfnissen von krebskranken Menschen. Wie kann die Krebshilfe Wien deiner Meinung nach im jetzigen Gesundheitssystem auch zukünftig einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag machen? 

Dr.in Ursula Denison: Während meiner Arbeit im Krankenhaus Hietzing habe ich erfahren, wie wertvoll Zeit ist. Zeit, die man Patientinnen gibt, um mit ihnen über ihre Krankheit, Sorgen und Ängste zu sprechen. Leider hat das Gesundheitssystem hier nur beschränkte Ressourcen. Bei der Österreichischen Krebshilfe Wien finden Patienten Und Patientinnen einen Ort, der ihnen eben diese Zeit gibt. Eine Zeit des Zuhörens, eine Zeit des Besprechens ihrer Probleme, aber auch eine Zeit, in der wichtige soziale und rechtliche Fragen beantworten werden können. Wichtig ist es zu wissen, dass wir als Krebshilfe Wien nicht nur für die Betroffenen, aber auch für die Angehörigen und damit ebenso für die Kinder der Betroffenen zur Verfügung stehen. Denn die Krebserkrankung betrifft nicht nur den erkrankten Menschen. Sie wirkt sich massiv auf das gesamte Umfeld bzw. die ganze Familie aus. 

Eva Kern: Konntest du eigentlich als Ärztin über die vielen Jahre auch von deinen Krebspatient:innen etwas Besonderes lernen?

Dr.in Ursula Denison: Ich habe sehr viel Besonderes in diesen Jahren erlebt. Ich habe viele Patientinnen begleitet und damit viele Schicksale auf der medizinischen, aber bestimmt auch menschlichen Ebene mitgetragen. Es waren durchaus schöne Zeiten dabei. Für mich als Botschaft übriggeblieben ist, dass es wichtig ist, das Leben jetzt zu leben und nie auf später zu verschieben. Und dass es ratsam ist, über Dinge, die manchmal ärgerlich sind, lieber hinwegzusehen – und dafür die wichtigen Dinge im Leben in den Vordergrund zu rücken. Und nicht vergessen sollte man, genau jenen, die man liebt – ob Familie oder Freunde – die Dinge zu sagen, die einem wirklich am Herzen liegen. Am Ende seines Lebens sollte man sagen können: „Ich habe gelebt. Es ist nichts offen und es ist nichts übriggeblieben.“