Ein Gespräch mit Ernährungsexpertin Agnes Budnowski
Ernährung und Krebs - Fakten & Mythen
Man spricht immer wieder von Krebsprävention durch eine gesunde, ausgewogene Ernährung. Kann man wirklich mit der richtigen Ernährung Krebs vorbeugen?
Tatsächlich besteht eine starke Evidenz, dass mehr als 30% aller Krebsfälle durch das Einhalten von einem gesunden Lebensstil vermieden werden könnten. Und zu einem gesunden Lebensstil gehören einfach eine gesunde, ausgewogene Ernährung und ein gesundes Körpergewicht. Ernährung ist dabei nur ein Teil der Prävention, wir können niemandem garantieren, dass er mit der richtigen Ernährung immer krebsfrei bleiben wird. Aber wir können mit einer guten Versorgung mit notwendigen Mikronährstoffen (d.h. Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und sekundären Pflanzenstoffen) sowie Makronährstoffen (d.h. den eigentlichen Energielieferanten und Baustoffen wie Proteine, Fette und Kohlenhydrate) gepaart mit körperlicher Aktivität das Immunsystem stärken. Der Körper wird weniger anfällig für Infektionen und auch für Krebs.
Welche Nahrungsmittel können als krebserregend bezeichnet werden?
Wir kennen tatsächlich Substanzen, die nachweislich krebserregend wirken und die wir besser meiden sollen. Dazu zählen z.B. Aflatoxine in angeschimmelten Lebensmitteln wie z.B. Marmelade, Nüsse, Joghurt oder Brot. Oder Stoffe, die häufig beim Grillen, wenn Fett oder Marinade ins Feuer tropft, entstehen. Das sind sogenannte heterozyklische aromatische Amine bzw. polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Auch beim starken Erhitzen (wie Frittieren, Backen, Braten, Rösten) von Kartoffeln- und Getreideprodukten entsteht ein krebserregender Stoff- Acrylamid. Diesen finden wir z.B. in den so beliebten gebackenen Speisen wie Schnitzel, Fisch, Fischstäbchen, aber auch in Chips, Pommes, Croissants und Toastbrot. Hier sollten wir uns an die Regel „Vergolden statt verkohlen“ halten und diese Sachen nicht allzu oft konsumieren. Und nicht vergessen, dass auch Alkohol zu den Stoffen, die das Krebsrisiko erhöhen können, gehört.
Welche Rolle spielt die Ernährung bei Krebs? Müssen Krebspatient:innen grundsätzlich ihre Ernährung umstellen?
Trotz vieler Gerüchte gibt es leider keine wissenschaftlich nachweisbare Anti-Krebs-Diät, die Krebs heilen könnte. Aber wir können mit der richtigen Ernährung das System stärken und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern. Eine zeitige Ernährungsoptimierung kann das Immunsystem unterstützen, die unerwünschten Nebenwirkungen der Therapien zu lindern, dem Muskelverlust vorbeugen und ganz allgemein das Wohlbefinden und die körperliche Leistungs-fähigkeit verbessern. Jeder Körper braucht ausreichend Energie und Nährstoffe – und das unabhängig vom Körpergewicht. Jede unüberlegte Diät kann das Risiko der Mangelernährung erhöhen.
Krebspatient:innen haben grundsätzlich den gleichen Kalorienbedarf wie gesunde Menschen, es sei denn sie haben bereits ungewollt Gewicht verloren. Aber sie brauchen wesentlich mehr Proteine (Eiweiß), und gleich viel oder mehr Fette (vor allem richtige Fette). Ich würde mir wünschen, dass jede:r Krebspatient:in am Anfang der Erkrankung die Möglichkeit einer fachlichen ernährungsmedizinischen Beratung mit Optimierung seiner Ernährungsweise in Anspruch nehmen könnte.
Wie kann man das Immunsystem während einer Krebsbehandlung noch unterstützen?
Wie schon gesagt, das Immunsystem kann man mit einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung, die den Körper mit genug Energie und Nährstoffen versorgt, stärken. Und hier ist schon die Mahlzeiten-Anzahl wichtig, so dass ausreichend Nährstoffe zugeführt werden. Normalgewichtigen Krebs-patient:innen empfehle ich drei Mahlzeiten und bei Verdauungsbeschwerden oder bestehender Mangelernährung mehr. Es ist wichtig, dem Körper eine Chance zu geben, die Nährstoffe tatsächlich aufzunehmen. Auch die richtige Mahlzeiten- zusammensetzung mit ausreichend Gemüse/Obst, Ballaststoffen, Proteinen und hochwertigen Fetten ist wichtig. Bei bestehenden Therapienebenwirkungen im Verdauungstrakt ist alles sehr individuell und richtet sich nach tatsächlichen Verdauungsbeschwerden und Möglichkeiten des Verdauungstrakts.
Stichwort „Brokkoli, Sauerkraut und Himbeeren als angebliche Wundermittel gegen Krebs": Am Buchmarkt blühen Diätratgeber. Gleichzeitig wird vor einseitigen Krebsdiäten und Essverboten gewarnt. Was ist davon zu halten?
Auch wenn wir es uns sehr wünschen würden: eine Antikrebsdiät bzw. Wundermittel gegen Krebs gibt es nicht. Auch wenn einige Lebensmittel (wie z.B. die berühmten Brokkoli), die Substanzen enthalten, die bei der Krebsbekämpfung hilfreich sein könnten, kann leider kein einzelnes Lebensmittel den Krebs heilen. Egal wie gutgemeint die Ratschläge der guten Freunde, Nachbarn und besorgten Familienmitglieder sind, an erster Stelle soll immer eine gute Nährstoffversorgung stehen. Jede extreme oder einseitige Ernährungsform ist strikt abzulehnen, weil sie allzu schnell zu einer Mangelernährung führen kann.
Danke für das informative Gespräch, liebe Agnes!
Mag.a Agnes Budnowski
Mag. a Agnes Budnowski ist Diätologin in einer ambulanten Rehabilitation in Wien und freiberuflich tätig. Schulungs- und Beratungstätigkeit (u.a. bei der Österreichischen Krebshilfe Wien). Buchautorin bei Maudrich Verlag (u.a. Buch „Ernährung bei Brustkrebs“). Schwerpunkte: onkologische Erkrankungen, Long-Covid sowie Stoffwechselerkrankungen.
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