Endspurt für das Volksbegehren DONT‘SMOKE

Das ursprünglich für Mai 2018 geplante generelle Rauchverbot in der Gastronomie wurde seitens der Regierung wieder gekippt. Damit ist Österreich weiterhin Schlusslicht in Europa in Sachen Nichtraucherschutz. Von 1. bis 8. Oktober 2018 findet nun die Eintragungswoche für das von der Ärztekammer für Wien gemeinsam mit der Österreichischen Krebshilfe initiierte Nichtraucherschutz-Volksbegehren DON’T SMOKE statt.

In der Unterstützungsphase ist es bereits gelungen, fast 600.000 Unterschriften, die schon für das Volksbegehren zählen, zu sammeln. Ziel ist es nun, diese Marke in der Eintragungswoche noch deutlich zu erhöhen, um so auch den Druck auf die Politik zu erhöhen: Jeder bereits deklarierte Unterstützer soll noch eine weitere Person zum Unterschreiben des Volksbegehrens bewegen.

Eine von der Wiener Ärztekammer im Juni 2018 österreichweit durchgeführte und nun erstmals veröffentlichte Umfrage zum Nichtraucherschutz hat die Initiatoren des Volksbegehrens, Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres, Krebshilfe-Präsident Paul Sevelda, MedUni Graz-Rektor Hellmut Samonigg sowie die Internistin Daniela Jahn-Kuch, Schwester des an Lungenkrebs verstorbenen Journalisten Kurt Kuch, in ihrem Vorhaben nur bestärkt, mittels DON’T SMOKE die Bundesregierung weiterhin dazu zu bewegen, das Rauchverbot in der Gastronomie endlich einzuführen.

Von der Ärztekammer beauftragt wurde die unabhängige Beratungsfirma Pitters Trendexpert. Insgesamt wurden 1092 Österreicherinnen und Österreicher, repräsentativ für die Bevölkerung ab 16 Jahren, befragt. Der zuständige Geschäftsführer von Pitters Trendexpert, Harald Pitters, attestiert der Stichprobe eine „geeignete Repräsentation für den Zweck der Befragung und eine hohe Validität“.

Rückenwind für das Volksbegehren

Für die Proponenten des Volksbegehrens ist das Ergebnis der Umfrage eindeutig und unmissverständlich: Ein Großteil (62%) tritt aktueller Daten für einen umfassenden Nichtraucherschutz in der Gastronomie in Österreich ein. (Sehr) intensiv mitverfolgt haben die mediale und politische Debatte 61%. „Die Bevölkerung ist interessiert und will den Nichtraucherschutz – die Bevölkerung fordert den Nichtraucherschutz“, beurteilen die Initiatoren das Resultat unisono.

Zu den weiteren Ergebnissen: 32% der noch nicht deklarierten Bürgerinnen und Bürger haben vor, das Volksbegehren in der Eintragungswoche zu unterschreiben, weitere 16% davon sind noch unentschlossen. 38 Prozent der Befragten wollen noch andere Personen zum Unterzeichnen des Volksbegehrens bewegen.

Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres sieht damit starken Rückenwind für DON’T SMOKE: „Das Potenzial und der Wille in der Bevölkerung sind da, etwas zu verändern. Wir ersuchen daher jeden bereits deklarierten Unterstützer, noch eine weitere Person zum Unterschreiben des Volksbegehrens zu bewegen.“ Gemeinsam könne Österreich „Großes leisten“, das Volksbegehren sei nach wie vor „absolut notwendig“.

Die stärksten Argumente für den Nichtraucherschutz in der Gastronomie sind laut Studie der noch immer lückenhafte Jugendschutz (94%), der mangelnde Arbeitnehmerschutz (92%) sowie die erwiesenen Gefahren, die durch den Passivrauch ausgehen (91%). Szekeres: „Es ist ganz klar, dass die Bemühungen der Regierung, vor allem in puncto Jugendschutz, nicht ausreichend sind. Nur ein generelles Rauchverbot kann unsere Jugend vor den Schäden des Passivrauchs in der Gastronomie wirksam schützen.“

Mangelhafter Jugendschutz

Die Internistin und Mitinitiatorin der Initiative „DON’T SMOKE“, Daniela Jahn-Kuch, bestätigt das: „Untersuchungen aus Ländern mit einem generellen Rauchverbot in der Gastronomie zeigen, dass die Implementierung dieser Maßnahme nicht nur einen deutlichen Rückgang der Raucherraten unter der erwachsenen und jugendlichen Bevölkerung zur Folge hat, sondern auch zu einer deutlichen Abnahme der tabakassoziierten Morbiditäts- und Mortalitätsraten beiträgt.“

Ohne rauchende Jugend gibt es de facto keine rauchenden Erwachsenen: 80% der männlichen und 72% der weiblichen Raucher in Österreich beginnen vor dem 19. Geburtstag mit dem Rauchen. Nach dem 26. Geburtstag beginnt kaum noch jemand mit dem Rauchen – dies deckt sich auch mit den internationalen Erhebungen.

Speziell aufgrund eines umfassenden Arbeitnehmerschutzes und der Gefahren durch Passivrauch müsse die Politik rasch handeln und unverzüglich die gesetzlichen Bestimmungen für eine rauchfreie Gastronomie in Österreich schaffen. Jahn-Kuch: „Es ist erwiesen, dass die Raumtrennung in Raucher- und Nichtraucherräume nicht funktioniert. Schadstoffe in der Luft werden in allen Räumen in viel zu hoher Menge gemessen, und neben den Gästen leiden darunter am meisten die Arbeitnehmer, die den Schadstoffen in ihrer gesamten Arbeitszeit ausgesetzt sind.“

Ähnlich argumentiert auch der Initiator der Initiative „DON’T SMOKE“, Hellmut Samonigg. Es sei fraglich, ob der Jugendschutz wirklich greifen könne. „Es ist zwar so, dass Tabakwaren zukünftig erst ab 18 Jahren verkauft und geraucht werden dürfen, der Zugang zur Gastronomie ist aber auch unter 18 Jahren – selbstverständlich – gestattet“, argumentiert Samonigg.

Für ihn ist es unverständlich, dass Jugendliche in der Gastronomie zwar nicht rauchen dürfen, aber sehr wohl durch den Passivrauch in engen Kontakt mit Rauchern kommen und daher gesundheitlichen Gefahren direkt ausgesetzt sind.

Gleichzeitig werde es für die Gastronomen schwierig, den Jugendschutz auch einzuhalten. Denn der Ausschank von Alkohol an Minderjährige könne sehr wohl durch den Lokalinhaber mittels Ausweiskontrolle bei der Bestellung kontrolliert werden. „Schwieriger wird es jedoch, wenn es um die Konsumation von selbst ins Lokal mitgebrachten Tabakwaren durch Minderjährige geht“, schlussfolgert Samonigg und meint: „Dieser Jugendschutz ist für niemanden wirklich sinnvoll.“

Appell an die Gesundheitsministerin

Dramatische Zahlen nennt Krebshilfepräsident Paul Sevelda: Seit der Aufhebung der bereits 2015 beschlossenen Novelle zum Tabakgesetz mit 1. Mai 2018, also in nur etwas mehr als vier Monaten, sind in Österreich 374 Menschen an den Folgen des Passivrauchs verstorbenDieser laut Sevelda „gesundheitspolitische Wahnsinn“ kostet jeden Tag – statistisch gesehen - 2,81 Menschen durch Passivrauch das Leben. Dazu kommen 12.079 Krankenhausaufenthalte durch Passivrauch in der Gastronomie seit 1. Mai 2018.

Sevelda kritisiert insbesondere den seit nunmehr 13 Jahren praktizierten Zickzack-Kurs der Verantwortlichen. „Egal, welche politische Partei in der Verantwortung war, es war immer ein Zickzack-Kurs.“ Erst die frühere Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser und der frühere Vizekanzler Reinhold Mitterlehner schafften den Durchbruch, „der leider nicht von Dauer war“, so Sevelda. Das Kippen des Rauchverbots sei „ein Rückschritt mit katastrophalen und oft tödlichen Folgen“.

Auch wenn neu gesetzte Maßnahmen, wie das Rauchverbot an Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen, das Verkaufsverbot von Tabakprodukten an unter 18-Jährige oder auch das Rauchverbot im Auto bei Anwesenheit von Kindern und Jugendlichen, in Kraft treten und von der Krebshilfe ausdrücklich begrüßt werden, ist die angebliche Verbesserung beim Nichtraucherschutz in der Gastronomie wieder nur zahnlos: Seit 1. September 2018 dürfen Lehrlinge unter 18 Jahren „nur mehr“ eine Stunde täglich in verrauchten Gaststuben arbeiten – im verrauchten Auto dürften sie gar nicht sitzen. Sevelda: „Dieser angebliche ‚Jugendschutz‘ ist nicht einmal das Papier wert, auf dem er niedergeschrieben wurde. Jugendliche per Gesetz eine Stunde täglich dem Tabakrauch auszusetzen ist verantwortungslos.“

Außerdem sei es realitätsfremd zu glauben, dass ein Lehrling sich traue, dies beim „Chef“ nachhaltig einzufordern. „Die Erfahrung aus den vergangenen Jahren hat gezeigt, dass die staatlichen Kontrollen nicht funktionieren. Es ist daher auch realitätsfremd, zu glauben, dass es jetzt funktioniert“, betont Sevelda. 

Die Rücknahme des generellen Rauchverbots in der Gastronomie schaffe zudem eine Wettbewerbsverzerrung unter den Gastronomiebetrieben und wieder Rechtsunsicherheit. Das Rauchverbot in der Gastronomie werde kommen, es sei „nur eine Frage der Zeit“.

„Wir fordern von der Regierung, und hier insbesondere von Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein, den gesundheitspolitischen Irrkurs so rasch wie möglich zu korrigieren, damit nicht weiterhin vor allem Jugendliche und Gastronomiemitarbeiter den tödlichen Gefahren des Passivrauchs ausgesetzt werden,“ so Sevelda.

Sein Appell an die Gesundheitsministerin: „Frau Hartinger-Klein, Hunderttausende Österreicherinnen und Österreicher, Ärztinnen und Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker, zahlreiche medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften, die Initiative ‚Generation Rauchfrei‘, viele Landeshauptleute, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und sogar immer mehr Gastronomiebetriebe fordern Sie auf, für die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher zu kämpfen. Lassen Sie es nicht zu, dass Ihnen ein Kompromiss im Regierungsübereinkommen bei der Erfüllung Ihrer Verantwortung und Pflicht als Gesundheitsministerin im Weg steht.“

Hochtourige Kampagne gestartet

Da die Probleme hinsichtlich des Nichtraucherschutzes mannigfaltig, das Verlangen der Bevölkerung groß und das Engagement von Krebshilfe und Ärztekammer hoch sind, wird österreichweit ab sofort bis zur Eintragungswoche (und wenn nötig, auch danach) eine „hochtourige Kampagne“ gefahren. „Viele Ärztinnen und Ärzte in ganz Österreich unterstützen aktiv das Volksbegehren und klären täglich ihre Patienten in Ordinationen und Spitälern darüber auf“, sagt Szekeres und verweist auf „hohe Kontaktzahlen“.

In Wien sind, neben Insertionen in den Medien, die ersten Informations- und Verteilaktionen in Bädern, Schönbrunn, Prater sowie vor Krankenhäusern, U-Bahn-Stationen und Fußballplätzen angelaufen.

Mittlerweile unterstützen auch schon viele renommierte Sportlerinnen und Sportler das Volksbegehren – sie „laufen“ sprichwörtlich für den Nichtraucherschutz. Beim Vienna Night Run am 25. September 2018 beispielsweise werden mehr als 300 Läuferinnen und Läufern als DON’T SMOKE-Team unterwegs sein, darunter ungefähr 100 prominente aktive und ehemalige Spitzensportler. Unter anderem werden das gesamte Team des Handballbundesligavereins Westwien, die Mannschaft des Traditionsvereins Wiener Sportclub, 20 Boxer des Boxvereins Bounce, angeführt von EU-Boxmeister Marcos Nader, der zigfache Basketballnationalteamspieler Stejpan Staciz, Schwimmeuropameister Maxim Podoprigora, der langjährige Handball-Nationalteamtormann Werner Möstl sowie die ehemaligen Fußballinternationalen Martin Hiden, Michael Hatz und Roman Stary teilnehmen.

Unterstützt wird das Volksbegehren weiters von vielen medizinischen Fachgesellschaften. So hat die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie alle österreichischen Lungenfachärzte angeschrieben, damit diese bei ihren Patienten für DON‘T SMOKE werben. Dafür wurden eigens Informationsplakate für Ordinationen und Spitalsabteilungen angefertigt.

Auch Gastronomen stellen sich in den Dienst der guten Sache. Von der Ärztekammer wurden eigens gebrandete Bierdeckel produziert. Aus ganz Österreich bestellen Lokalinhaber diese Bierdeckel, um damit die Werbetrommel zu rühren. Laut Szekeres zeige das „eindrucksvoll, welch hohe Akzeptanz das Volksbegehren auch innerhalb der Gastronomieszene bereits hat“.

Jeder motiviert noch einen Unentschlossenen

Die Website www.dontsmoke.at ist die erste Adresse, um sich über das Volksbegehren zu informieren.

Es wird wieder die Möglichkeit geben, die jeweils geografisch nächsten Eintragungsorte zu finden, und auch die Unterstützung per Handy-Signatur wird genau erklärt. Mit wenigen und einfachen Schritten kann man so bequem und von überall aus das Volksbegehren unterstützen.

Unterzeichnet werden kann das Volksbegehren persönlich oder online. Persönlich kann die Unterstützungserklärung, unabhängig vom Hauptwohnsitz, in jedem beliebigen Bezirks- oder Gemeindeamt abgegeben werden. Für die Online-Unterzeichnung braucht man entweder die (kostenlose) elektronische Handy-Signatur oder eine Bürgerkarte.

Das Volksbegehren läuft vom 1. bis 8. Oktober 2018. Die Öffnungszeiten der Gemeinde-/Bezirksämter sind an Werktagen von 8.00 bis 16.00 Uhr (zweimal bis 20.00 Uhr, jedenfalls am letzten Tag des Eintragungszeitraums), Samstag von 8.00 bis 12.00 Uhr (bei Gemeinden unter 2500 Einwohnern nur zwei Stunden innerhalb dieser Zeitspanne) und Sonntag freiwillig entsprechend der Entscheidung auf Gemeindeebene.

Darüber hinaus kann jede Gemeinde/Stadt nach eigenem Ermessen und freiwillig zusätzliche Öffnungszeiten festlegen. In Wien beispielsweise kann man in allen Bezirksämtern am Montag (1. Oktober 2018), Dienstag und Mittwoch von 8.00 bis 18.00 Uhr, Donnerstag von 8.00 bis 20.00 Uhr, Freitag von 8.00 bis 18.00 Uhr, Samstag und Sonntag von 8.00 bis 13.00 Uhr und Montag (8. Oktober 2018) von 8.00 bis 20.00 Uhr unterschreiben. In manchen Bezirken gibt es neben den Bezirksämtern noch weitere Eintragungsstellen – insgesamt sind es 29 stationäre Eintragungsstellen in Wien.

Weiters werden wienweit bis zu 25 mobile Eintragungsstellen überwiegend in Krankenanstalten und Pflegeheimen eingesetzt. Beansprucht werden können die mobilen Eintragungsstellen von allen, die das wollen, seien es Spitalspatienten, Besucher, Angehörige, Mitarbeiter oder Nachbarn.

Die bereits im Frühjahr gesammelten 591.146 Unterstützungserklärungen zählen mit und können nicht doppelt geleistet werden. „Dennoch bauen wir auf die Mithilfe unserer Unterstützer, weitere Österreicherinnen und Österreicher dazu zu bewegen, dieses wichtige Anliegen zu unterstützen“, so die Initiatoren abschließend.